Erzeugung von Stahl

Da sich Roheisen nur für wenige technische Zwecke eignet, wird es zu Stahl weiterverarbeitet. Das geschieht in Eisenhüttenstadt im LD-Konverter unter Zugabe von Schrott und Schlackebildnern.

Die im Roheisen befindlichen Begleitelemente (Kohlenstoff, Mangan, Phosphor, Silizium) werden durch Sauerstoffzufuhr über eine Aufblaslanze entfernt. Am Ende des Prozesses entsteht der sogenannte Rohstahl, der dann durch Zugabe von Legierungsele-menten während des Abstiches aus dem Konverter und der sich anschließenden sekundärmetallurgischen Behandlung zur eigentlichen Stahlqualität entwickelt wird.

Im März 1984 nahm in Eisenhüttenstadt das Stahlwerk, errichtet von der VOEST-ALPINE, die Produktion auf. Es gehört bis heute zu einer der  modernsten Anlagen seiner Art in ganz Europa und erfüllt alle qualitativen, ökonomischen und ökologischen Anforderungen unserer Zeit.

Das Stahlwerk verfügt über zwei 250 Tonnen fassende Konverter, eine Roheisenentschwefelung, einen Pfannenofen, eine RH-Vakuumanlage, einen Konditionierstand, eine Brammenstranggussanlage und eine Vorblockanlage. Das Bindeglied zwischen dem Stahlwerk und dem Warmwalzwerk bildet die Adjustage, wo Brammen für den Verkauf inspiziert, vorbereitet und gegebenenfalls konfektioniert werden.

Um den steigenden Anforderungen der Märkte zu genügen, bedarf es immer neuer, innovativer Stahllösungen. Dafür besitzt unser Stahlwerk moderne Anlagen und Technologien der Sekundärmetallurgie, die einzeln oder in Kombination eingesetzt werden können. Über dreihundert unterschiedliche Stahlmarken werden auf Kundenwunsch derzeit bei ArcelorMittal Eisenhüttenstadt hergestellt.

 

Die von Krupp Polysius errichtete Anlage wurde von der Firma SMS Mevac in den Jahren 2000/2001 umfassend modernisiert. Es gibt zwei separate Behandlungsstände, die mit Abschlackmaschine und Absaugung ausgerüstet sind. Als Entschwefelungsmittel werden Kalk, Karbid und Magnesium eingesetzt. Ein Prozessmodell errechnet dabei die kostengünstigste Variante zum Einsatz der vorhandenen Entschwefelungsmittel. Die schwefelhaltige Schlacke wird nach dem Einblasvorgang ferngesteuert vom Leitstand abgeschlackt. Der minimale Schwefelgehalt im Roheisen beträgt nach der Behandlung < 0,001 %.

Technische Daten:
Chargengewicht: 210 t Roheisen
Kapazität: 36 Chargen/Tag
Mittelwert Schwefel vor:  0,030 %
Mittelwert Schwefel nach:  0,005 %
Mittelwert Temperatur vor:  1350 °C
Mittelwert Temperatur nach: 1325 °C
Entschwefelungsmittel: Kalk, Karbid, Magnesium
Einblasvarianten:
  Monoinjektion:  Kalk, Karbid
  Coinjektion:  Kalk und Magnesium / Karbid und Magnesium
  Multiinjektion:  Kalk, Karbid und Magnesium
  Medien:  Stickstoff / Argon

Das Konverterstahlwerk verfügt über zwei 250-Tonnen-Konverter, die sich abwechselnd im Betrieb befinden. Der gesamte Blasprozess wird im Zentralleitstand rechnergestützt gesteuert und überwacht. Die Prozesssteuerung in Verbindung mit der Abgasanlage führt zu einer genauen Blasendpunktbestimmung und einer hohen Direktabstichrate. Durch die Bodenspülung mit Inertgas wird dieser Prozess zusätzlich unterstützt.
Die Herstellung der einzelnen Stahlmarken wird durch die Zugabe unterschiedlicher Legierungsmittel während des Abstiches realisiert. Mit Hilfe der pneumatischen Abstichlochverschlusseinrichtung in Kombination mit einem optischen Schlackefrüherkennungssystem wird ein nahezu schlackefreier Abstich realisiert.
Die prozessbedingten, stark staubbelasteten CO-haltigen Abgase werden mit einem Elektrotrockenfilter gereinigt und im Kraftwerk wieder eingesetzt.

Technische Daten:

Abstichgewicht:  250 t Rohstahl
Volumen: 210 m³
O2-Durchfluss: 700 Nm³/min
O2-Druck: 1,6 Mpa
Lanzentyp: 6-Loch-Lanze
Bodenspülung: Argon/Stickstoff

Mittelwerte technologischer Kennziffern:

Roheisenmenge: Max 230 t/Charge
Schrottmenge: Max 80 t/Charge
Kalkmenge:  7-16 t/Charge
Chargiertemperatur:   1330 °C
Abstichtemperatur:   1650 °C
Taktzeit:  42 min
Blaszeit:   17-18 min
Haltbarkeit der Feuerfestzustellung:  2500 Chg

Für die Erzeugung von Stahlmarken mit ständig steigenden Anforderungen gewinnt die Sekundärmetallurgie immer mehr an Bedeutung.
Die einzelnen Anlagen: Pfannenofen, RH-Anlage und Konditionierstand werden je nach Anforderung einzeln oder in Kombination eingesetzt.
Bei fast allen Stahlmarken kommt der Pfannenofen zum Einsatz. Er ist das sekundärmetallurgische Behandlungszentrum. Die verschiedenen anlagentechnischen Möglichkeiten wie Spülen, Legieren, Aufheizen und Einspulen von Feststoffen werden mit dem Ziel der Homogenisierung des Stahls hinsichtlich Temperatur und Analyse kostengünstig ausgenutzt. Ein besonderer Schwerpunkt bildet die Abscheidung von nichtmetallischen Verunreinigungen.
Die RH-Anlage wird zum Entgasen und Entkohlen genutzt. Mit ihr werden Stahlmarken mit geringstem Kohlenstoff- oder Wasserstoffgehalt hergestellt.
Die Anordnung der Behandlungsstände bildet eine optimale sekundärmetallurgische Prozesslinie.

Pfannenofen
Hersteller:   MAN-DEMAG
Baujahr:   1995
Trafoleistung:   30 MVA
Energieverbrauch:  9,86 KWh/t
Aufheizrate:   3-4 grd/min
Elektrodendurchmesser:   450 mm
Elektrodenverbrauch:   0,09 kg/t
Pfannenspüler:   2
Spülgas:   Argon/Stickstoff
Vakuumanlage
Baujahr:   1984/Messo
Modernisierung:  2000/SMS Mevac
Vakuumerzeuger:   3stufige Dampfstrahlpumpen und 2 Wasserringpumpen
Unterdruck:   ca. 1 mbar
Lanzensystem:  Multifunktionslanze zum Aufheizen des Gefäßes, Ansätze Abschmelzen, Aufheizen der Schmelze, Unterstützung der Entkohlung

Technologische Kennziffern

Entkohlungsleistung:  < 20 ppm Kohlenstoff
Wasserstoffabbau:   < 2 ppm Wasserstoff
Behandlungsdauer:   20 – 40 min.
Tauchrohrhaltbarkeit:  ca. 170 Chargen

Zum Gießbetrieb gehören eine Brammen- und eine  Vorblockstranggießanlage sowie die Verteilerwirtschaft. In der Verteilerwirtschaft werden die Verteiler für beide Anlagen für den Verguss vorbereitet. Auf der zweisträngigen Brammenstrangießanlage wird der flüssige Stahl in den festen Aggregatzustand überführt. Dabei entstehen Brammen mit einer Dicke von 225 mm. Die Länge (5,5 bis 11,9 m) und Breite (850 bis 1850 mm) werden entsprechend der Kundenanforderung eingestellt. Die Anlage wird rechnergestützt betrieben. Verschiedene Systeme ermöglichen eine permanente Prozessüberwachung (Störmeldesystem, Durchbruchfrüherkennungssystem, Qualitätsbewertungssystem). Die Anlage besitzt einen senkrechten Anlagenteil, der einen hohen Reinheitsgrad garantiert. Der sich anschließende Gießbogen hat einen Radius von 10 m. Die Kapazität liegt bei ca. 2,4 Mio. t/a. Die sechssträngige Vorblockanlage mit einem Radius von 10 m produziert pro Jahr ca. 200 kt. Es ist der Verguss in zwei Formaten möglich (200 x 130 mm und 300 x 380 mm).

Brammenstranggießanlage

Gießpfanne mit elektroinduktiver Schlackenerkennung
hydraulische Schnellverstellkokille
Verwendung von gerade Kokillen
automatische Gießpulveraufgabe
Durchbruchfrüherkennungssystem
rechnergestützte Prozesssteuerung
rechnergestützte Qualitätsüberwachung (CAQC)
automatisches Signiersystem
automatisches Entbarten
Metallurgische Länge 34,5 m
Kapazität 2,4 Mio. t/a
Gießgeschwindigkeit max. 1,6 m/min.
V-Verteiler mit 45 t Inhalt

Vorblockstranggießanlage

Trogverteiler mit Masseinhalt von 38 t
hydraulische Stopfenregelung
automatische Gießspiegelregelung mit automatischem Angießsystem
innenachsgekühltes Strangführungssystem im Gießbogen
drei Auszugstreiber
autogenes Doppelschneidbrenner-Trennsystem

Wärmerückgewinnungsanlage
Der Brammenadjustage ist eine Wärmerückgewinnungsanlage vorgeschaltet. Beim Durchfahren der glühenden Brammen durch diese Anlage wird Wasser, welches im Primärkreislauf einen Betriebsdruck von 7 bar erreicht durch Wärmestrahlung auf bis zu 150 °C erwärmt. Diese gewonnene Energie wird für die Wärmeversorgung im EKO genutzt.

Direkteinsatz
Beim Direkteinsatz werden die gegossenen Brammen mit einer Temperatur von 850 bis 900 °C über einen Rollgang direkt zur Weiterverarbeitung ins Warmwalzwerk transportiert. Somit wird eine optimale Nutzung der vorhandenen Wärmeenergie gewährleistet.

Brammenlängs- und Querteilanlage
Entsprechend den Kundenaufträgen werden Brammen längs und quer geteilt. Die Längsteilanlage wird mit drei Schneideinrichtungen betrieben. Die Brammen können auf eine Breite von 300 – 600 mm geschnitten werden. An der Querteilanlage können Brammen auf eine Länge von 1500 – 3000 mm zugeschnitten werden. Die Schneidleistung an beiden Anlagen beträgt 200 – 400 mm/min.

Handflämmband
Am Handflämmband werden Brammen, die nicht im Direkteinsatz weiterverarbeitet werden bzw. Halbzeugprodukte, die in den Verkauf gehen, inspiziert. Es wird ein Kontroll- und Fehlerflämmen durchgeführt. Weiterhin werden die Brammen auf Geometrie und Abmessung kontrolliert.